Chips in ihrer Möglichkeitsblase

EIN SINNENTANZ ALS TRINITÄRES MATRJOSCHKAMODELL MIT CRISPY, CRUNCHY UND MUNCHY

Von den Überresten der Hypatia

Niemals hätte ich die „hand-cooked English crisps lightly sea salted“ von Tyrrell’s, Est. Herefordshire, England, im Supermarkt am Rand der guten Laune oben bei der Kreuzung gekauft, wären da nicht der Brexit und, wesentlich einflussreicher, das Photo auf der Packung gewesen. Dieses Bild zeigt drei durchaus als Tänzerinnen interpretierbare junge Frauen am Strand, die sich – wie Badende aus den, sagen wir, 1930er Jahren gekleidet – über das Thema Handstand lustig machen. Das Photo ist in Schwarzweiß gehalten, nur das Meer wurde blau nachgefärbt.

 

Lässige Badehauben, draufgängerische Badeanzüge, ausgelassene Stimmung. Das Sujet auf dem Sack erweist sich bei kurzer Recherche als Teil einer umfangreichen Snack-Produktlinie. Eine andere Crisps-Variante mit der Bezeichnung „posh prawn cocktail“ zum Beispiel trägt zwei als Garnelen kostümierte Showtanzgirls – ich nenne sie etwas phantasielos Miley und Smiley Shrimp – auf der Packung. Was mich, ehrlich gesagt, weniger begeistert, weil jeder auch noch so „posh“ aussehende Krabbencocktail in mir immer schon ein todschickes Mißtrauen ausgelöst hat.

 

Crispy, Crunchy und Munchy über / auf der Hypatia-Möglichkeitsblase.

 

Nun mein Geständnis:  Ich habe noch nie Tyrrell’s Crisps von KP Snacks Limited mit Sitz in Ashby-de-la-Zouch, Leicestershire, gegessen und auch überhaupt keine Lust, die Packung zu öffnen. So etwas kaufe ich nicht, um davon zu essen, sondern, um mich damit zu unterhalten. Und da ich gerade eine biblische Anwandlung habe, die ich schnell nutzen muß, weil sie jeden Augenblick wieder zerfallen kann, setze ich meine Recherche im Netz fort und stoße auf ein Motiv, das mich vorläufig von der Zwillingshaftigkeit der Tanzgarnelen wegführt. Zitat aus einem online verfügbaren Ökumenischen Heiligenlexikon:

„Margareta mit dem Wurm,
Barbara mit dem Turm,
Katharina mit dem Radl,
das sind die drei heiligen Madl.“

Gemeint sind, wie Freundınnen unseres wundersamen westlichen Bildungsguts wahrscheinlich wissen, die drei Nothelferinnen und Virgines Capitales Margareta von Antiochien, Barbara und Katharina von Alexandria. Barbara wird im späten dritten nachchristlichen Jahrhundert verzeitlicht und in Nikomedia (Ízmit) oder Heliopolis (Baalbek) verortet. Sie ist ein echter Star der christlichen Sanktologie, soll aber eine fiktive Figur sein. Legendär wurde sie nicht nur wegen ihrer Schönheit, sondern vor allem wegen ihres scharfen Verstandes. Etwa zur selben Zeit lebten in Antiochia (heute bei Yalvaç) Margareta, die sich den Klauen eines teuflischen Drachens unverletzt entzog und Satan demütigte, sowie in Alexandria die ebenfalls legendengeborene Katharina.

 

Eine Neulektüre der „Verleumdung des Apelles“

 

Die zypriotische Königstochter wäre, hätte sie tatsächlich existiert, eine Zeitgenossin der neuplatonischen Philosophin Hypatia gewesen, an deren Biographie die ihre stark angelehnt ist. Die Figur der Katharina, so stellt sich heraus, war eine raffinierte Erfindung der späteren christlichen Propaganda, mit der einerseits Hypatia ideologisch entschrieben und andererseits der römische Kaiser Maxentius († 312 n. Chr.) diffamiert werden konnte. Hypatia wurde um 415 n. Chr. von einem Haufen christlicher Fundamentalisten ermordet, wie Sokrates Scholastikos von Konstantinopel (~380 – ~439) in seiner Kirchengeschichte schrieb: Der entsprechende Passus befindet sich auf S. 760f im zweiten Band der altgriechisch-lateinischen Ausgabe von 1853, die Robert Hussey in Oxford herausgebracht hat.

 

Die Nothelferinnen Barbara, Katharina von Alexandria und Margareta von Antiochien (v.l.n.r.).

 

Eine schöne barocke Darstellung der Nothelferinnen ist in der Pfarrkirche des Kärntner Ortes Klein St. Paul zu sehen. Die drei Knuspertänzerinnen auf der Tyrrell’s-Packung habe ich, um die faszinierende Spiritualität der 2020er Jahre richtig zu genießen, Crispy, Crunchy und Munchy getauft. Der künstlich kolorierte Ozean hinter diesen Nothelferinnen für alle, die am sogenannten „kleinen Hunger“ leiden, erinnert wahrscheinlich nur mich an das Meer im Hintergrund auf Sandro Botticellis kunstvollem Gemälde Die Verleumdung des Apelles von 1495.

 

Die Assoziation kommt möglicherweise auch von der zart anmutenden, aber umso erschreckenderen Frauen-Trias im Zentrum des Bildes: nach Lukian von Samosata die Allegorien der Verleumdung, der Arglist und der Täuschung. Ich gebe zu: Das könnte auch zur Wirklichkeit der gegenwärtigen Propaganda passen – und nicht nur zur Klitterungspraxis des frühchristlichen Fundamentalismus. Rechts auf Botticellis Gemälde sind allegorische Gestalten der Unwissenheit und des Mißtrauens zu sehen, links wendet sich die verhärmte Reue der überirdisch schönen Wahrheit zu.

 

Sandro Botticelli „Die Verleumdung des Apelles“, 1495.

 

Daß sich die Verhältnisse seit dem 15. Jahrhundert mit seiner Renaissance der klassischen Wissenskultur etwas geändert haben könnten, läßt sich leicht mittels einer neuerlichen Zuschreibungsübung demonstrieren, aber erst, nachdem die drei etwas traurigen Männer in der Szene identifiziert sind: der bittende oder betende Verleumdete (Apelles), wie er an den Haaren herbeigeschleift wird, der grübelnde Adressat der Intrige mit Eselsohren und dazwischen der auftrumpfende Neid in seinem härenen Kapuzengewand.

 

Unsere, wie Smiley Shrimp sagen würde, von Wissenschaft abgewandte und der Emotionswirtschaft zugeneigte Gegenwart zwingt förmlich zu einer etwas anderen Lesart, die in der verbitterten Figur die Wahrheit vermuten läßt, wie sie sich verzweifelt der sexy verpackten Unwissenheit zuwendet. An der Täuschung, die den Verleumdeten hinter sich herzerrt, machen sich Mißtrauen und Verleumdung zu schaffen, während dem Esel Arglist und Reue ihre Gifte und Gerüchte einflüstern. Hier würde die Täuschung zur fackeltragenden Protagonistin, deren von Zweifeln vernebelter Adressat sich gleich als „Querdenker“ profilieren wollen wird.


Erste Choreopathologische Tagung an der Exil-UdK in Ashby-de-la-Zouch

 

Sobald der Verleumdete durch das Werk von Täuschung, Mißtrauen, Verleumdung, Reue und Arglist zum unspezifischen Märtyrer geworden ist, wird sich der Neid um die erregte Täuschung kümmern. Auf diese Verbindung reagieren in „unserer kulturtypisch gewordenen Akademie des Verlernens“ (Zitat Miley Shrimp), wie nicht schwer zu erraten ist, Crispy, Crunchy und Munchy. Sie haben sich über die empathiegerüstete Politik der postmodernen Emotionswirtschaft ins Spiel gebracht. Deren Strandspiele zielen, darin sind sich Miley und Smiley einig, auf die Dekonstruktion und Zerstreuung jeglicher Wissenskultur zugunsten eines vergnüglichen Relativismus und narzißtischen Moralismus.

 

Dazu passend hat Smiley Shrimp vor kurzem in ihrem der Choreographin Meg Stuart gewidmeten Vortrag über „Die Häute des Risus sardonicus im Krabbentanz“ während der Ersten Choreopathologischen Tagung am Institut für Logodermatologie an der Exil-UdK in Ashby-de-la-Zouch, Leicestershire, ausgeführt: „Institutionen, Manager und Lakaien der Kulturindustrie, heute ein Subdepartment der Emotionswirtschaft, generieren ihre Aufmerksamkeitsprofite aus der Umwandlung des einst angesteuerten künstlerischen Utopia in ein reales kreativökonomisches Neverland. Dieses produziert keine Fiktionen mehr, sondern etwas Nützliches, das sich als spekulative (ästh)ethische Propaganda bezeichnen läßt.“ Crispy, Crunchy und Munchy, die Smileys Ausführungen auf Bootube gehört haben, reagieren darauf seither je nach Tagesverfassung und Anlaß mit (a.) Liking, (b.) Suppression oder (c.) Shaming.

 

In Stimmung (c.) erinnern sie gerne an die Vergänglichkeit aller Werke: Jener des Apelles beispielsweise, der im vierten vorchristlichen Jahrhundert bekanntlich einer der meistgerühmten Maler der griechischen Antike war. So wie von Hepatia leider nicht ein einziger Text erhalten ist, hat auch kein Gemälde des Apelles die Zeiten überdauert. Wie gut war es also, daß Lukian von Samosata später im zweiten Jahrhundert n. Chr. in seinem Text „Gegen die Verleumdung oder daß man Denen, die Andern Böses nachsagen, nicht zu leicht glauben müsse“ (hier zitiert aus der Übersetzung von Christoph Martin Wieland in: Sämmtliche Werke Bd. 51, erschienen 1813 bei Anton Doll in Wien, S. 92ff) eine Beschreibung des antiken Verleumdungsbildes von Apelles hinterlassen hat, an dem sich später Botticelli und andere neuzeitliche Maler orientieren konnten.

 

Aischylos, ein Urvater der Schönschwätzer

 

Die drei fröhlich wirkenden Strandwesen auf der Tyrrell’s-Packung blicken bei ihren Handständen in den vom Wasserfilm einer sich zurückziehenden Welle überzogenen Sand – und weiter ins Innere der Packung: sozusagen in die Zukunft ihres Gebrauchs. So ist der kleine, undurchsichtige Sack, in dem sich Kartoffelchips befinden sollen, das idealtypische Modell eines Möglichkeitsraums: Ohne diesen Sack zu öffnen, kann ich nicht beweisen, daß er tatsächlich den auf der Verpackung versprochenen Inhalt enthält.

 

Ich kaufe also, wenn schon nicht die Katze im Sack, so doch Chips in ihrer Möglichkeitsblase. Das eröffnet auch an der Oberfläche der Verhüllung phantastische Perspektiven. Crispy, Crunchy und Munchy könnten etwa genausogut Allegorien (a.) von Verleumdung, Arglist und Unwissenheit, (b.) Täuschung, Mißtrauen und Reue sein oder aber moderne Repräsentationen (c.) der drei Virgines Capitales. Ich gehe noch einen Schritt weiter und teste, ob die Trias auf der Packung eventuell sogar (d.) Abwandlungen von Alekto (Ἀληκτώ), Megaira (Μέγαιρα) und Tisiphone (Τισιφόνη) darstellt, den drei Erinnyen, die dem Orest mit ihrem „Festgesang“ (so übersetzt es Johann Gustav Droysen 1832 aus den Eumeniden des Aischylos) zusetzten, nachdem dieser seine Mutter Klytaimnestra umgebracht hatte.

 

William Adolphe Bouguereau „Orest, verfolgt von den Furien“, 1862.

 

Hermes (Ἑρμῆς) etwa, der Gott der Kaufleute mit zahlreichen Nebenjobs – unter anderem als Schutzherr der Diebe, Reisenden, Kunsthändler und der Magie –, könnte es als peinlich ansehen, daß der didaktisch übereifrige Dichter Aischylos aus den klassisch harten Rachegöttinnen euphemistisch „Wohlgesinnte“, also Eumeniden, gebastelt hat und den Schönschwätzer jetzt mit dem Werbesujet der kessen Kopfübertänzerinnen auf einem Chipssack verspotten. Aischylos wäre dann einer, der aus der achtunggebietenden Göttinnen-Dreiheit postmoderne Kommerzmädels auf einer Snackpackung gemacht und damit das Prinzip der Erinnyen verpanscht hat.

 

Ich schließe mich der Rache des ψυχαγωγός (Seelenführers in die Unterwelt) gerne an und singe – bitte nicht böse sein, liebe Brüder und Schwestern des Glaubens –, ein lightly salted Werbeliedchen. Versuchen wir’s doch im Chor (bitte die kontextualisierenden Anmerkungen nicht mitsingen):

„Crispy mit dem Wurm, [Angriff des Teufels, Anm.]
Crunchy mit dem Turm, [Symbol der Dreifaltigkeit, Anm.]
Munchy mit dem Radl, [Hinweis auf die Folterung, Anm.]
das sind Tyrrell’s Madl.“

Das bedeutet, Crispy hat sich mit Luzifer verbündet, Crunchy in der Mitte nimmt die Spitze der Trias ein (eventuell als Vereinigung von Thomas de Quinceys „Ladies of Sorrows“, der Mater Lachrimarum, Mater Suspiriorum und Mater Tenebrarum, denn sie trägt als einzige eine dunkle Badehaube) und Munchy kann der Appetit rundweg nicht weggefoltert werden.

 

Die Kraniche des Ibykus auf dem Peneischen Kongreß

 

Als Überraschung vor allem für die intellektuelle Leserin kann ich demnach hier das Prinzip der weiblichen Dreiheit als „trinitäres Matrjoschkamodell“ präsentieren, das die Suspiria-Filme von Dario Argento (1976) und Luca Guadagnino (2018) als zusätzliche Quellen miteinbindet. So revolutionär dieser unscheinbar klingende Vorschlag wirken muß, zu unserem kleinen Liedchen sollte – frei nach Emma Goldmans berühmtem Insistieren auf ein Leben, für das „freedom, the right to self-expression, everybody’s right to beautiful, radiant things“ gelten, wie die Feministin mit Bezug auf das Tanzen in ihrer Autobiographie (Living My Life, 1931 bei Knopf in New York, zit. S. 42) schrieb – auch getanzt werden.

 

Aber Moment! Dürfen wir zu diesem Chips-Jingle überhaupt tanzen? Gerade jetzt in diesen für unser normativ gewordenes Grundrecht auf „infinite jest“ (vgl. David Foster Wallace, für diesen Hinweis danke ich Miley Shrimp) so schwierigen Zeiten? Hier flattern dem Aischylos die Kraniche des Ibykus von Friedrich Schiller (zit. S. 234f aus dem Gedichte-Band, der 1883 bei Cotta in Stuttgart erschienen ist) zu:

„Besinnungraubend, herzbethörend
Schallt der Erinnyen Gesang,
Er schallt, des Hörers Mark verzehrend,
Und duldet nicht der Leier Klang: […].“

[Anschließend nehmen sie sich diese Freiheit:]
„So singend, tanzen sie den Reigen […].“

Die Kraniche des Ibykus haben auch im zweiten Teil von Goethes Faust ihren Auftritt (Weimarer Ausgabe, Bd. 15.1., folgend zitiert aus dem dtv-Nachdruck der 1888 bei Böhlau erschienenen Werkausgabe, S. 139), und zwar an den Gestaden des Flusses Peneios, heute Pinios, wo sich zur „Klassischen Walpurgisnacht“, dem hier so genannten Peneischen Kongreß, allerlei Prominenz versammelt: „Welch ein Ächzen, welch Gestöhn / Dringt herauf zu unsern Höhn!“ Zuvor, beim Mummenschanz, sind auch unsere klassischen Erinnyen (bei Goethe die Furien) zu Gast. Der Herold staunt über ihr eumenidisches Erscheinen: „Die Furien sind es, niemand wird uns glauben, / Hübsch, wohlgestaltet, freundlich, jung von Jahren […].“

 

Spiegelungen im Meer der Täuschung

 

Diese Verkündung kommentiert Alekto, ganz Crispy: „Was hilft es euch?  ihr werdet uns vertrauen, / Denn wir sind hübsch und jung und Schmeichelkätzchen […].“ Doch ganz im Sinn der Verleumderin bei Apelles deckt die Trias die Verlogenheit unter Liebenden auf und freut sich auf das Nachspiel: „Versöhnt man sich, so bleibt doch etwas hängen.“ Megaira fügt an: „Das ist nur Spaß!  denn, sind sie erst verbunden, / Ich nehm' es auf und weiß in allen Fällen, / Das schönste Glück durch Grille zu vergällen […].“ Und Tisiphone verspricht den Betrügern ein wirksames Gift: „Muß der Augenblicke Süßtes / Sich zu Gischt und Galle wandeln!“ (Ibid., S. 34f) Mephistopheles entdeckt später, auch dieser Kongreß sei: „Wie überall, ein Sinnentanz.“ (Ibid., S.144)

 

Wenn nun Alekto, Megaira und Tisiphone bei ihrem Auftritt in Schillers Ballade tanzen, dann dürfen wir es jetzt beim Singen des Chips-Jingle doch auch. Ohnehin gilt: „Der Mörder bietet selbst sich dar.“ (Schiller 1883, S. 236) An diesem Punkt muß die Packung gar nicht geöffnet werden, um den Inhalt zu erkennen. Denn Hypatia wurde, wie es bei Sokrates Scholastikos heißt, entkleidet, getötet, zerstückelt und verbrannt: von einer Bande christlicher Fundamentalisten, die durch Patriarch Kyrill von Alexandria aufgestachelt worden war.

 

Als hübsche, junge Erinnyen auf der Oberfläche der Chips-Möglichkeitsblase schauen Crispy, Crunchy und Munchy in die knusprigen Überreste der Philosophin, die den düsteren Ibykus narrativ überlagern. Die spätere christliche Propaganda verlieh der Untat den Sanctus der Moral und den Anschein, sie wären die eigentlichen Opfer. Hier allerdings endet dieses satanische Spiel, denn Crispy, Crunchy und Munchy können durch die Spiegelungen im Meer der Täuschung schauen – und durch dessen Rauschen erlauschen, wie sich alle mörderischen Moralisten bis heute trotz allen Mummenschanzes mit ihrem Gefasel selbst verraten.

 

Showtanz als intellektuelles Spiel: Miley (links) und Smiley Shrimp.

 

Keine Sorge. In den Tyrrell’s-Packungen befinden sich sicherlich ganz normale Kartoffelscheiben. „Hand-cooked“, man muß nur dran glauben. Natürlich ist dem Austausch von Hypatia durch die falsche Katharina kaum Beachtung geschenkt worden. Später hieß es im Volksmund: „Kathrein stellt den Tanz ein.“ Eine Kämpferin wie Emma Goldman hätte diesem Mund, der jetzt durch alle Medien furzt, den Mittelfinger gezeigt. In der Folge könnten die gelehrten Tanzgarnelen Miley und Smiley von Tyrrell’s „posh prawn cocktail“ ihre Show abgezogen haben, und der Walpurgiskongress hätte eine Neuauflage erlebt: „Es ist ja nur ein Maskenspaß.“ (Herold in Faust II, ibid., S. 48)

 

Zur abschließenden Einlenkung und mit Blick auf die Zukunft lesen wir noch die wundersamen Comics, die sich in dem Ermöglichkeitsraum der köstlichen Kulisse für Botticellis Verleumdung des Apelles befinden. Dabei können wir uns ganz viele Fragen stellen. Unter anderem, ob die Gestalt ganz rechts in der Nische hinter dem Eselsohrigen etwa Judit mit dem Haupt des Holfernes darstellt oder gar die „poshe“ Tänzerin Salome, die den Kopf von Johannes dem Täufer abgelegt und damit aufgehoben hat: für schlechtere Zeiten.

 

 

(2.1.2021)